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Marktkommentar: Erwartungen an Jerome Powell hoch, das Enttäuschungspotenzial für die Märkte ebenso
Am Donnerstag beginnt das diesjährige dreitägige Treffen führender westlicher Notenbanker in Jackson Hole. Jerome Powell, Chairman der US-Notenbank Federal Reserve, wird zum letzten Mal vor dem Ende seiner Amtszeit im Mai 2026 die Hauptrede halten. apoBank-Ökonom Dr. Björn Ohl warnt die Finanzmarktakteure vor zu großen Hoffnungen.
Das zentrale Thema der Konferenz lautet zwar "Arbeitsmärkte im Wandel". Doch nach dem überraschend schwachen US-Arbeitsmarktbericht für Juli ist für Investoren vor allem entscheidend, welchen geldpolitischen Kurs die Fed nun einschlagen wird – und ob sie sich dem politischen Druck von Präsident Donald Trump und Finanzminister Scott Bessent entziehen kann. An den Märkten wächst deshalb die Sorge, dass die Unabhängigkeit der Fed Schaden nehmen könnte.
Viele Investoren hoffen, dass Fed-Chairman Jerome Powell bereits konkrete Hinweise auf eine Zinssenkung bei der nächsten Fed-Sitzung am 17. September geben wird. Wir teilen diese Erwartung nicht. Vielmehr sehen wir ein gewisses Enttäuschungspotenzial für die Märkte: Powell dürfte unserer Einschätzung nach bewusst zurückhaltend bleiben und eher vorsichtige Töne anschlagen, um sich alle Optionen offenzuhalten. Schließlich stehen bis Mitte September noch wichtige Datenveröffentlichungen an.
Powell ist bekannt dafür, seine Reden minutiös vorzubereiten – zudem ist dies seine letzte Jackson Hole-Konferenz als Fed-Vorsitzender, auf der er sich keinen Fehltritt leisten wollen wird. Auch wenn immer wieder Spekulationen über eine mögliche vorzeitige Abberufung durch Trump kursieren, gehen wir davon aus, dass Powell bis zum Ende seiner Amtszeit im Mai 2026 im Amt bleiben wird. Dennoch dürfte Trump in der Zwischenzeit einen Nachfolger benennen, der eher einer expansiveren Geldpolitik zuneigt – zulasten der Inflationsbekämpfung.
Daher dürfte die US-Geldpolitik in den kommenden Jahren strukturell lockerer ausfallen. Ob die Fed in diesem Jahr erneut einen doppelten Zinsschritt wagt, ist Gegenstand intensiver Diskussionen. Aktuell wird an den Märkten eine US-Leitzinssenkung im September vollständig eingepreist. Möglich wäre dies, falls die anstehenden Arbeitsmarkt- und Inflationsdaten schwach ausfallen und eine solche Entscheidung rechtfertigen.
Wahrscheinlicher erscheint uns jedoch ein einfacher Zinsschritt. Erstens hat die Fed den Leitzins im vergangenen Jahr bereits um einen ganzen Prozentpunkt abgesenkt. Zweitens wird die Inflation in den kommenden Monaten angesichts der jüngsten Zollanhebungen wieder steigen. Und drittens will die US-Notenbank nicht den Eindruck erwecken, sie reagiere erneut zu spät – ein Vorwurf, den Powell sich schon im Vorjahr gefallen lassen musste und der im aktuellen Konflikt mit Präsident Trump zusätzlichen Zündstoff liefern würde.
Die Erwartungen an die Rede Powells auf dem Jackson Hole-Symposium sind hoch, das Enttäuschungspotenzial für die Märkte ebenso. Sollte der Fed-Vorsitzende den Leitzinshoffnungen der Investoren einen Dämpfer versetzen, dürften die Aktien an der Wall Street erst einmal nachgeben.