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Lässt sich mit Gesundheit Geld verdienen?
Healthcare Frauen e.V. (HCF), ein Business-Netzwerk für weibliche Führungskräfte im Gesundheitswesen, feiert am 10. November 2017 sein 10-jähriges Bestehen in Berlin. Schwerpunkt war unter anderem die Podiumsdiskussion zum Thema „Lässt sich auch mit Gesundheit Geld verdienen?“ mit der Fernsehmoderatorin Dunja Hayali und namhaften Vertretern aus verschiedenen Bereichen des Gesundheitswesens.
Gesundheitssystem vergütet Behandlungen
Auf die einleitende Frage von Dunja Hayali: „Warum lässt sich mit Kranken mehr Geld verdienen als mit Gesunden?“ wies Jessica Hanneken von der apoBank darauf hin, dass es historisch bedingt sei, für Krankheit und nicht für Gesundheit zu bezahlen. „Als die Genossenschaftsbank im Gesundheitswesen wissen wir, dass das Gesundheitssystem derzeit die Behandlung vergütet und nicht den Behandlungserfolg.“ berichtete die Juristin. „Dass Krankheit die Gesellschaft Geld kostet ist anerkannt, Gesundheit hingegen ist meist Privatsache und oft bildungsabhängig“, machte auch Dr. med. Christine Klapp, Vorstand der ÄGGF e.V. deutlich. Dr. Isabella Erb-Hermann, Vorstandsmitglied der AOK Hessen, unterstützte ein System, in dem Krankheit bezahlt wird, bedauerte aber, dass notwendige Anreize zur Begrenzung stetig steigender Krankheitsausgaben noch zu wenig zu sehen seien.
Ein Viertel des Geldes im Gesundheitswesen
Prof. Dr. Dr. Ilona Kickbusch, Vorstandsmitglied der Careum Foundation und WHO-Beraterin, erweiterte den Blickwinkel der Frage, indem sie darauf hinwies, dass es nicht um einen, sondern um zwei Märkte gehe, die Frage also lauten müsste: „Wo verdienen wir Geld mit Krankheit, wo mit Gesundheit?“ Zudem verwies sie auf die Größe des Gesundheitsmarktes: „Ein Viertel des Geldes im Gesundheitswesen wird im weitesten Sinne im Gesundheitsmarkt ausgegeben.“
Prävention rückt in den Vordergrund
Dr. Sven Jansen, Geschäftsführer der Noventi Group, ergänzte, dass heute im Gesundheitsmarkt neben dem klassischen „Krankheitsmarkt“ und dem zweiten Gesundheitsmarkt der „dritte Gesundheitsmarkt“ entsteht: „Die Patienten möchten, dass auf ihre Bedürfnisse eingegangen wird und sie in ihre Therapie aktiv mit eingebunden werden. Hier bestehe noch sehr viel Bedarf Gesundheit neu zu gestalten.“ Dass nicht nur Einzelpersonen, sondern auch Betriebe verstärkt den Fokus auf Gesundheit legen und hier Geld investieren, ist aus Sicht von Lukas Loewe, Geschäftsführer von VisionGesund, für alle Beteiligten sinnvoll: „Betriebe profitieren von gesunden Mitarbeitern, diese sind motiviert und leistungsfähig. Neben der Vermeidung von krankheitsbedingten Kosten wird ein sozialer und psychischer Mehrwert geschaffen, wenn Betriebe Gesundheitsprävention betreiben.“
Eng mit der Zunahme des eigenverantwortlichen Gesundheitsmarktes sind Fragen nach wirtschaftlichem Gewinn, Gesundheitskompetenz und Gesundheitsinformationen verknüpft. Dass sich der Markt von alleine regelt, hält Prof. Kickbusch für unwahrscheinlich. „In diesem Markt stecken so viel Geld und so viele Interessen, dass guter Wille nicht ausreicht, um die Einzelinteressen zu überwinden.“ Insbesondere die Lockerung des Datenschutzes hält sie für sehr kritisch. „Die Daten sind das Gold. Unsere Gesellschaft braucht hier Schutz“, so ihr Appell.
Gesundheitskompetenz früh aufbauen
Ein bedeutsames Gegengewicht zu den Heilsversprechungen der Werbung ist nach Ansicht aller Diskutanten eine fundierte Gesundheitskompetenz, deren Aufbau bereits im Kindesalter beginnen sollte. „Kompetenz heißt handeln zu können“, konkretisierte Prof. Kickbusch.
Um Handeln zu können, bedarf es Informationen. Im digitalen Zeitalter werden diese vorwiegend über das Internet bezogen. „Die Patienten informieren sich online und wir als Industrie müssen kommunikativ noch in der Steinzeit leben“, bemängelte Dr. Michael Flegel, Leiter des Produktmarketing international der Ursapharm Arzneimittel GmbH, die gesetzlichen Reglementierungen zur Werbung von verschreibungspflichtigen Medikamenten. Damit Patienten fundierte, zeitnahe Informationen zu ihren gesundheitlichen Problemen erhalten, schlägt er die Schaffung von Internetseiten vor, über die – analog zu Anbietern von technischen Geräten - Patienten 24 Stunden am Tag ihre Fragen von kompetenten Fachleuten beantwortet bekommen. Eine Steigerung der Gesundheitskompetenz sollte nach Loewe vor allem im realen Leben erfolgen: „Wenn Azubis die Aufschrift der Zusammensetzung von Lebensmitteln verstehen, ist dies eine Steigerung der Gesundheitskompetenz.“