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Einzelpraxis oder MVZ – Wo findet Versorgung statt?
Unter dem Motto „Aufbruch im Gesundheitswesen!“ blickt der Europäische Gesundheitskongress in diesem Jahr auf die Herausforderungen der medizinischen Versorgung. Dabei stellen die Akteure sich auch die Frage, ob der Ärztemangel zu einem Treiber für eine Restrukturierung der ambulanten Versorgung wird.
Realität vs. Planung
Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), blickte in seinem Vortrag auf die Bedarfsplanung. Auch bei der anstehenden Aktualisierung sei diese keine hinreichende Grundlage. Faktoren wie die Demografie, der Anteil der älteren Personen in der Bevölkerung oder die höhere Gewichtung der Work-Life-Balance seitens der jüngeren Generation fänden darin keine Berücksichtigung. Ein zunehmender Anteil der Ärzte arbeitet in einem Angestelltenverhältnis: Berechnungen der BÄK zufolge gab es zuletzt zwar 21,3 Prozent mehr Ärzte, allerdings lag der Anstieg der Arbeitszeit lediglich bei 3,1 Prozent.
Einen wichtigen Lösungsansatz, um die Versorgung zu erhalten, sieht er im Ausbau der Studienplätze für Mediziner. Er begrüßte Entlastungen, die durch Delegation machbar seien, sprach sich jedoch gegen Überlegungen aus, die auf eine Substitution ärztlicher Leistungen zielen: „Ärztliche Tätigkeiten gehören in die Hand des Arztes“. Weiterhin gelte es, die Entbürokratisierung voranzutreiben, Mobilitätskonzepte in ländlichen Regionen zu fördern und Patienten, beispielsweise in der Notfallversorgung, gezielter zu steuern.
Patienten gezielt steuern
Wie eine solche, gezieltere Steuerung von Patienten, funktionieren kann, machte Dr. Andreas Bartels, stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz (KVRP), an einem konkreten Beispiel deutlich. Anfang des kommenden Jahres wird die KVRP als Novum eine ärztliche Praxis als Eigeneinrichtung am Campus der Uniklinik Mainz in Betrieb nehmen. Patienten, die fußläufig zum Krankenhaus kommen, werden dort künftig mit Unterstützung des strukturierten medizinischen Ersteinschätzungsverfahrens für Deutschland, kurz SmED weitergeleitet. Das in der Schweiz entwickelte Verfahren wurde mit Mitteln aus dem Innovationsfonds gefördert. Es unterstützt nicht-ärztliches Fachpersonal dabei, den Patienten dorthin zu lotsen, wo er am besten aufgehoben ist.
Herausforderung Demografie
Dr. Andreas Botzlar, Vorsitzender des Marburger Bund Bayern und erster Vizepräsident der bayerischen Landesärztekammer bestätigte die fehlenden objektiven Kriterien für die Bedarfsplanung. Für das Gebiet Bayern nannte er eine vergleichsweise hohe Arztdichte, wobei zwei Drittel in Anstellung tätig seien. Zu den Lösungsansätzen zählte er u.a. die Niederlassungsfreiheit sowie die Gleichstellung von selbständigen und angestellten Ärzten. Mit Blick auf die demografische Entwicklung würde in 15 Jahren ein Großteil der Ärzte in den Ruhestand gehen. Der Ausbau der Studienplätze solle daher sehr zeitnah erfolgen.
Für die Verbesserung der Zugangskriterien für Studierende sprach sich auch Dr. Pedro Schmelz, erster stv. Vorsitzender des Vorstandes der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns, aus. Das MVZ sei für die heilberufliche Berufstätigkeit attraktiv, da es Flexibilität, Teilzeitmodelle und weniger Bürokratie biete. Vor dem Hintergrund der dort weitgehend üblichen festen Arbeitsstunden oder Teilzeitmodelle dürfe die Zunahme der Köpfe nicht mit mehr Versorgung gleichgesetzt werden.
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