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Die Zukunft der intersektoralen Versorgung - Ein Blick in die Glaskugel
Wie kann es gelingen, endlich die Sektoren in der Gesundheitsversorgung zu verbinden? Dieser Frage ist Jessica Hanneken, Direktorin bei der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank), gemeinsam mit ihren Gästen auf der gestrigen Podiumsdiskussion auf dem Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit nachgegangen. "Wollen wir die Versorgung der Bürger in Deutschland effizienter gestalten, ist die Verzahnung der beiden Sektoren – ambulant und stationär – unerlässlich", sagte Hanneken. "Doch immer noch existieren nur wenige systemische Lösungen für solche Strukturen. Dabei gibt es inzwischen zahlreiche Studien, Gutachten und Vorschläge wie beispielsweise die des SVR, der Friedrich-Ebert-Stiftung, der Barmer oder der TK, die diese Notwendigkeit belegen."
Drei große Hürden
Welche Hürden sind es also, die die Annäherung der Sektoren verhindern? Thomas Ballast, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Techniker Krankenkasse (TK), nannte in seinem Impulsvortrag drei Bereiche, die vor allem angegangen werden sollten: Die sektorenübergreifende Vergütung der medizinischen Leistungen, die telemedizinische Infrastruktur mit über 100 Softwareherstellern in dem jeweiligen Sektor und die unterschiedliche Kapitalausstattung in dem ambulanten und dem stationären Bereich. Ballast erläuterte, wie ein sektorenübergreifender Vergütungsansatz, die sogenannten Hybrid-DRGs, bereits in Thüringen in der Praxis funktioniert. Es sei im Grunde eine Mischkalkulation aus der jeweiligen Vergütungsordnung der beiden Sektoren.
Erste regionale Prototypen
Zu den Pionieren der intersektoralen Versorgung gehören Dr. Manfred Klemm mit dem Regionalen Gesundheitsnetz Leverkusen eG und Dr. Helmut Hildebrandt von der OptiMedis AG. Sie berichteten über ihre Erfahrungen und gaben Einblicke, wie eine solche Patientenversorgung funktionieren kann. Hildebrandt wies daraufhin, dass die Ungewissheit darüber, was mit den individuellen Gesundheitsdaten geschieht, sowohl bei den Patienten als auch bei den Ärzten und anderen Gesundheitsakteuren zur Unsicherheit und Ängsten führt. Es sei viel Aufklärungsarbeit erforderlich, um den Sorgen entgegenzuwirken. Klemm sah die "qualitative Gesundheitskommunikation" als wesentlichen Punkt bei der Vernetzung der Akteure. Hürden seien vor allem technisch bedingt, Menschen können aber Brücken bauen: In dem Leverkusener Gesundheitsnetz übernehmen beispielsweise die sogenannten "Kümmerer" die Kommunikation zwischen Patient und Arzt.
Das Potenzial der Digitalisierung
Dass Digitalisierung mit ihrem Potenzial, neue Formen der Kommunikation zwischen Patienten und Heilberuflern zu schaffen, gerade bei der Verzahnung der Sektoren eine Schlüsselrolle spielen wird, waren sich die Teilnehmer einig. Sogar rein digitale Versorgungsmöglichkeiten seien denkbar. Einen Vorgeschmack auf die Diagnostik der Zukunft lieferte Sebastian Mansow-Model, der Gründer von Motognosis GmbH. Das Startup entwickelt ganzheitliche Behandlungslösungen, die Patienten mit motorischen Einschränkungen ermöglichen, zuhause objektive Messwerte zu generieren. Im weiteren Verlauf werden Ärzte durch Algorithmen bei der Diagnose unterstützt und Patienten schließlich mit neue Therapieformen ‚beyond the pill‘ behandelt.
Auf die abschließende Frage, wie digital die Gesundheitsversorgung in zehn Jahren sein könnte, fielen die Antworten optimistisch aus. Die Teilnehmer appellierten aber auch, die digitalen Lösungen nicht rein technisch sondern systemisch zu begreifen, die Schnittstellen für mehr Interoperabilität zu öffnen und keine Angst vor der Digitalisierung zu haben.