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Marktkommentar: Jerome Powell wird sich nicht vorwerfen lassen wollen, die Leitzinsen zu spät gesenkt zu haben
Die amerikanische Notenbank Federal Reserve (Fed) wird die Leitzinsen während der Sitzung des Federal Open Market Committees in der kommenden Woche zum ersten Mal seit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump im Januar 2025 senken. Dazu teilt Dr. Björn Ohl, Ökonom bei der apoBank in Düsseldorf, mit:
In den USA steht die Wiederaufnahme des Leitzinssenkungszyklus bevor. Wir gehen davon aus, dass der Fed-Vorsitzende Jerome Powell eine einfache Leitzinssenkung um 0,25 Prozentpunkte verkünden wird. Gegen einen größeren Zinsschritt spricht der aktuelle Anstieg der US-Inflation durch Strafzölle auf Importe.
Zudem wird sich Powell angesichts der weiter schwelenden Fehde mit Trump nicht vorwerfen lassen wollen, die Leitzinsen zu spät gesenkt zu haben. Dieser Eindruck würde aber entstehen, sollte sich die Fed für einen doppelten Zinsschritt um 0,5 Prozentpunkte entscheiden. Der zunehmende politische Druck auf die Fed ist ein nicht zu unterschätzender Faktor, der für einen Schwenk zu Gunsten einer lockereren Zinspolitik in den kommenden Monaten spricht.
Für die kommenden Fed-Sitzungen rechnen wir ebenfalls mit kräftigen Leitzinssenkungen. Bis März 2026 erwarten wir insgesamt fünf Leitzinssenkungen um jeweils einen Viertelprozentpunkt. Das wird den Leitzinskorridor von derzeit 4,25 Prozent bis 4,5 Prozent auf dann 3,0 Prozent bis 3,25 Prozent absenken. Im diesem Bereich sehen wir das so genannte neutrale Leitzinsniveau in den USA. Dann wirken die US-Leitzinsen weder bremsend noch stimulierend auf Wachstum und Inflation.
Im Umkehrschluss stellen die erwarteten fünf Leitzinssenkungen bis März 2026 eine graduelle Beendigung der bis dato restriktiven Zinspolitik der Fed dar. Die Fed wird das den Märkten als Normalisierung der Geldpolitik verkaufen, um bestehende Rezessionssorgen zu entkräften.
Aus makroökonomischer Sicht liefert die anhaltende Abschwächung des US-Arbeitsmarktes das wichtigste Argument für sinkende Leitzinsen. Gleichzeitig wird im Hinblick auf die Inflationsentwicklung unserer Einschätzung nach ein Zollschock genauso ausbleiben wie Zweitrundeneffekte in Form höherer Lohnabschlüsse.
Stand jetzt rechnen wir mit einer weiteren Abwertung des US-Dollar gegenüber dem Euro sowie festeren Gold-Notierungen. Bei US-Staatsanleihen halten wir an unserer Übergewichtung des kurzen Endes fest.