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Kommentar zur Pflegereform: Pflegeversicherung bleibt Teilkasko - aber sie muss gerechter und wirksamer werden
Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat erste Eckpunkte für eine Reform der Pflegeversicherung vorgelegt. Die Richtung stimmt: Die Reform kommt strukturiert, im Zeitplan und mit vielen richtigen Zielen. Doch zentrale Fragen bleiben offen – insbesondere zur Finanzierung. Ein Kommentar dazu von Nicole Wortmann, Leiterin des Bereichs Gesundheitsmarkt bei der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank).
Die Pflegeversicherung steht vor ähnlichen Herausforderungen wie die Gesetzlichen Krankenversicherungen: Die Ausgaben übersteigen bereits heute die Einnahmen. Für 2026 wird eine Finanzierungslücke von rund zwei Milliarden Euro prognostiziert. Dennoch wurden konkrete Maßnahmen zur Schließung dieser Lücke auf 2027 vertagt – ein riskanter Aufschub.
Die finanziellen Folgen im Pflegefall sind für viele Menschen dramatisch. Der Eigenanteil im Pflegeheim liegt inzwischen bei rund 3.100 Euro monatlich – bei einer durchschnittlichen Altersrente von nur 1.400 Euro. Bereits heute ist jeder Dritte auf finanzielle Hilfe zur Pflege angewiesen. Die Belastung für Kommunen und Sozialämter steigt kontinuierlich.
Eine Erhöhung der Zusatzbeiträge ist sicherlich keine Lösung, also bleibt die Pflegeversicherung weiterhin eine Teilkasko, doch ihr Leistungsumfang muss gerechter und wirksamer werden. Unser Pflegesystem ist auf die Unterstützung durch Angehörige angewiesen, hier braucht es dringend mehr Flexibilität und weniger Bürokratie. Die Ansätze zur Prävention und Digitalisierung sind wichtig – keine Frage, aber sie werden nicht ausreichen.
Viel Hoffnung steckt in neuen Wohnkonzepten, die dem steigenden Wunsch nach selbstbestimmtem, individuellen Leben im Seniorenalter entgegenkommen. Gänzlich ohne politische Anreize wird es nicht gehen, im Grunde braucht die Pflegebranche ihren eigenen Transformationsfonds. Die Länder können es alleine nicht schaffen. Und die Politik ist gut beraten, Fehler der Krankenhausreform nicht zu wiederholen und die Praxis nicht von der Entscheidungsfindung auszuschließen, denn nur so können praxistaugliche Lösungen entwickelt und Extraschleifen mit Anpassungsgesetzen vermieden werden.