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Ambulantisierung oder mühsam nährt sich das Eichhörnchen

Blog-Eintrag -

Ambulantisierung oder mühsam nährt sich das Eichhörnchen

Kommentar von Nicole Wortmann, Leiterin Gesundheitsmarkt und -politik bei der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank)

Die Ambulantisierung des Gesundheitswesens ist schon eine harte Nuss – die Politik und die Selbstverwaltung versuchen schon seit längerem sie zu knacken. Nachdem sie zunächst peu à peu die Liste der ambulant durchführbaren Eingriffe (AOP-Katalog) erweitert haben, ist jetzt die Verordnung zu einer speziellen sektorengleichen Vergütung, die sogenannten Hybrid-DRG, endlich da. Doch so richtig kann es mit der neuen Vergütungssystematik immer noch nicht losgehen, denn wie die Abrechnungspraxis konkret ablaufen soll, ist noch längst nicht geregelt – und das scheint der nächste große Knackpunkt zu sein: ein möglichst unkompliziertes und unbürokratisches Verfahren zu etablieren, das für Arztpraxen und Krankenhäuser gleichermaßen funktioniert.

Ein notwendiger Schritt fehlt noch

Das sei auch nicht trivial, heißt es aus den verantwortlichen Verhandlungskreisen: Der GKV-Spitzenverband, die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) haben nun die Mammutaufgabe, die Verteilung der Pauschalvergütung so zu gestalten, dass alle Seiten es als fair und gerecht befürworten. Keine einfache Aufgabe und dazu noch mit gehörigem Zeitdruck: Zum 31. März 2024 soll schon eine erste Überprüfung bzw. Anpassung der Neuregelung erfolgen. Druck kommt aber auch von den ärztlichen Berufsverbänden: Erste Empfehlungen für den operativen Bereich zur Aufteilung der Hybrid-DRG zwischen den Fachgebieten haben sie schon veröffentlicht. Was das konkret bedeutet, wird aktuell verhandelt und es bleibt zu hoffen, dass die Beteiligten bald einen gemeinsamen Nenner finden. In Summe haben sowohl die schrittweisen Erweiterungen des AOP-Katalogs als auch die Einführung der Hybrid-DRG das Potenzial, die Ambulantisierung voranzutreiben – aber natürlich nur, wenn man es gut macht.

Die Vorteile im Blick halten

Wie kann das also gelingen, ohne sich die Zähne daran auszubeißen? Da kann es hilfreich sein, immer wieder auf die Vorteile zu schauen: Denn die Reformen schaffen im stationären Sektor Entlastung für Klinikpersonal, sie können den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten eine bessere Vergütung operativer Eingriffe einbringen und für die Patientinnen und Patienten bedeuten sie am Ende schlichtweg weniger unnötige Krankenhausaufenthalte. Keine Frage: Die Veränderungen werden sich nicht ohne Nebenwirkungen vollziehen, aber bekanntlich gibt es auch keine Wirkung ohne sie. Das Gebot der Stunde bei der unternehmerischen Planung ist also: Auf die individuellen Vorteile fokussieren, und die Begleiterscheinungen im Auge behalten.

Keine Zeit verlieren

Für die Krankenhäuser birgt Ambulantisierung viel Dynamik, denn was heute noch stationär ist, kann morgen schon ambulant sein. Es geht dementsprechend darum, den zukünftigen Versorgungsmix zu planen und zu schauen, wo ökonomische Anreize bestehen – da hilft ein direkter Vergleich mit der EBM-Vergütung. Mit Hilfe einer Auswirkungsanalyse können Kliniken das sektorenübergreifende Behandlungspotenzial ermitteln, die internen und externen Effekte simulieren und die eigene Strategie entsprechend anpassen. Damit können sie konkreter in die Business-Planung einsteigen. Vielleicht ist ein sogenanntes integriertes Versorgungszentrum oder ein Level 1i Krankenhaus die richtige Lösung? Diese Geschäftsmodelle werden von sektorengleichen Vergütungsformen besonders profitieren.

Für die ambulanten Versorger ist die Umstellung nicht so groß. Sie können nun ihr Behandlungsspektrum ohne den bürokratischen Aufwand und den Abschluss von integrierten Versorgungsverträgen erweitern. Natürlich sind sie – seien es niedergelassene Medizinerinnen und Mediziner, seien es MVZ, ambulante OP-Zentren oder Praxiskliniken – ebenfalls gut beraten, sich mit den unternehmerischen Chancen der zusätzlichen oder der neuen Behandlungsoptionen zeitnah auseinanderzusetzen. Es kommt also Bewegung in die Strukturen. Wichtig ist, dass Krankenhäuser und Arztpraxen jetzt up to date bleiben und das Informationsangebot der Standesorganisationen und Berufsverbände nutzen.

Win-win-Situation ist möglich

Fakt ist: Alle Seiten können profitieren. Ambulante Operationszentren haben gute Startvoraussetzungen, da sie viel Erfahrung und günstigere Kostenstrukturen aufweisen. Operierende Vertragsärzte können die Investitionsfinanzierung der ambulant-stationären Gesundheitsstandorte der Level 1i Krankenhäuser nutzen. Kliniken wiederum können zusätzliche Pflegeerlöse abrechnen. Die sukzessive Erweiterung des AOP- und des Hybrid-DRG-Katalogs wird dazu führen, dass ambulant und stationär sowohl strukturell als auch ökonomisch zusammenwachsen. Doch vorher muss noch die letzte Nuss geknackt werden. Eine Lösung zur Abrechnungspraxis muss herbei – und das möglichst schnell, denn die Marktteilnehmer stehen ungeduldig in den Startlöchern und haben schon lange genug in Wartestellung verharrt.

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Anita Widera

Anita Widera

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